Häufige Fragen

Fragen (werdender) Eltern

Ich, als Mama einer Tochter mit UTS, bekomme im Rahmen meiner Tätigkeit des Beratungs- und Informationstelefon immer sehr viele Fragen gestellt. Die häufigsten Fragen werde ich Ihnen nun hier beantworten. Ich versuche jede Frage fachlich, aber auch persönlich zu beantworten. Hier möchte ich kurz erwähnen, dass bei Mädchen mit dem Ullrich-Turner-Syndrom die typischen Merkmale wie z.B. Lymphödeme, Flügelfell etc. nur teilweise und auch unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Es kann also bei Ihrer Tochter ganz anders sein als bei unserer Tochter. Diese Infos dienen als erste Informationsquelle, ersetzen aber keinesfalls eine Beratung durch einen Facharzt.

Was auf sie oder ihr Baby  zukommt hängt davon ab welche typischen Merkmal ihre Tochter nach der Geburt mitbringen wird. Einige (äußere) Merkmale können sein:

  • Kleinwuchs
  • ausbleibende Pubertätsentwicklung
  • Augen z.B. Rot-Grün-Blindheit, antimongolide Lidachse, Epikantus etc.
  • Verformung der Ohrmuschel
  • hoher Gaumen
  • kurzer Hals
  • Flügelfell (Pterygium colli)
  • Lympödeme
  • Schildthorax
  • Nageldysplasie (veränderte Finger- und Fußnägel)
  • Skoliose
  • Herzfehler
  • Nierenfehler

Hier möchte ich noch einmal erwähnen, dass ihr Baby nicht alle Merkmale haben wird. Bei Kindern mit UTS sind die klinischen Merkmale oft nur teilweise und auch sehr unterschiedlich stark ausgeprägt oder auch gar nicht vorhanden.

Unsere Tochter hat zum Beispiel viele dieser Merkmale, aber alle nur gering ausgeprägt. Ein Laie kann diese auf den ersten Blick nicht erkennen. 

Viele Eltern – und so ging es auch uns damals – sind nach der Diagnosestellung verunsichert. Schnell stellt sich einem die Frage „Wird unser Kind behindert sein?“ Diese Frage stellt man sich zum einen da man vorab noch nie etwas über UTS gehört hat, aber zum anderem auch weil der Begriff „Chromosomenanomalie“ und die Bezeichnung „Syndrom“ vermuten lassen, dass es sich um eine Behinderung handelt, faktisch ist es jedoch keine. Auch wir hatten damals große Angst und haben diese Frage unserer Genberaterin im Aufklärungsgespräch gestellt. Sie hat uns die Frage damals wie folgt beantwortet, ich zitiere „Die Mädchen mit UTS entwickeln sich geistig unauffällig. Eine geistige Behinderung gehört nicht zu den Befunden des Turner-Syndroms. Je nach Ausprägung der Symptome profitieren die Kinder aber von der elterlichen Aufmerksamkeit und Förderung.“ Hiermit ist zum Beispiel gemeint, dass man zur Lymphdrainage geht, falls das Kind Lymphödeme haben sollte usw. Was uns damals in den Gesprächen gesagt wurde, kann ich nur bestätigen, unsere Tochter hat nicht mehr oder weniger Probleme als gleichaltrige Kinder auch.

Wie in den ersten beiden Fragen schon beantwortet sind die typischen Merkmale des Ullrich-Turner-Syndroms oft nur teilweise und unterschiedlich stark ausgeprägt oder auch gar nicht vorhanden. Genau deshalb wird ein Laie auch nicht gleich sehen, dass ihre Tochter das Ullrich-Turner-Syndrom hat und auch für Ärzte ist es schwierig eine „Blickdiagnose“ zu stellen. Die Diagnose wird durch eine Chromosomenanalyse, entweder vor oder nach der Geburt gestellt. Ebenso gehört zu der Diagnosestellung eine sorgfältige körperliche Untersuchung.

Unsere Tochter wurde zum Beispiel mit Lymphödemen an Händen und Füßen geboren, dies war auch das einzig sichtbare Merkmal woran man erkennen konnte, dass bei etwas nicht in Ordnung ist. Hätte sie diese nicht gehabt, hätte niemand unserer Freunde und Bekannten bemerkt, dass unsere Tochter UTS hat.

Auch dies ist eine Frage die ich nicht pauschal beantworten kann, da dies davon abhängig ist welche Symptome ihr Baby/Kind vorhanden sind. Deshalb möchte ich diese Frage aus eigener Erfahrung beantworten. Unsere Tochter wurde mit einem Herz- und Nierenfehler geboren. Beides wurde nach der Geburt in der Klinik beobachtet. Da beide unauffällig waren, durften wir nach fünf Tagen das Klinikum verlassen. Zu Beginn musste ihr Herzfehler alle drei Monate begutachtet werden. Da dieser weiterhin unauffällig bzw. gleichbleibend war, mussten wir ab dem ersten Lebensjahr nur noch halbjährlich zur Kontrolluntersuchung. Die Nieren mussten wir von Anfang an nur jährlich untersuchen lassen. Das einzige was zu Beginn aufwendiger war, waren ihre Lymphödeme an den Händen und Füßen, da diese bei ihr nicht von alleine zurück gegangen sind. Hier mussten wir ab dem 3. Lebensmonat 1-2 wöchentlich zur Physiotherapeutin. Um schnell größere Erfolge zu erzielen haben wir die Therapie (Lymphdrainage) auch täglich zu Hause durchgeführt. Da dies eine Art Massage ist, lässt sich diese sehr gut in den Alltag einbauen, z.B. man kann sein Baby bei singen/spielen massieren. Ansonsten waren wir wie alle anderen Eltern auch nur beim Arzt, wenn unsere Tochter mal krank war oder die U-Untersuchungen anstanden. Dies liest jetzt auf den ersten Blick erst mal viel, aber da ich zwei Kinder habe, kann ich sagen, dass man gar nicht so viele Arzttermine wahrnehmen muss bzw. sich diese sehr gut in den Alltag einbauen lassen. Aktuell gehen wir außer zu den regulären U-Untersuchungen zu folgenden Arztterminen:

  • 1x  jährlich zum Kinderkardiologen

  • 1x jährlich zum Urologen

  • 2x jährlich zum Endokrinologen (Wachstumshormontherapie)

  • alle 1 – 5 Jahre zum Hörtest

  • alle 1 -5 Jahre zum Augenarzt/Sehschule

  • 14-tätig zur Lymphdrainage

Hier kann ich nur sagen, haben Sie nicht all zu viel Angst. Alle Termine gehören nach wenigen Monaten schon zum Alltag dazu, wie das tägliche Windel wechseln. Es festigt sich sehr schnell und unsere Kinder, die auch schon zur Schule gehen, haben genügend  Zeit für andere Aktivitäten.

Der Kleinwuchs ist das häufigste Merkmal des Ullrich-Turner-Syndroms.

Wenn ihr Kind ca. 2 Jahre alt ist, sollten sie Kontakt zu einem Endokrinologen aufnehmen. Dieser überprüft das Wachstum ihres Kindes. Gerne können sie bereits während der Schwangerschaft oder auch nach der Geburt schon Kontakt zu einem Endokrinologen aufnehmen, dieser wird sie dann beraten.

Ihr Baby  kann normal groß und schwer auf die Welt kommen. Bei den meisten Babys liegt das Geburtsgewicht und die Geburtslänge jedoch im unterem Normbereich. Meist fällt das Längenwachstum in den ersten Lebensjahren kontinuierlich ab, sodass die Körperhöhe im Vergleich zu gleichaltrigen bereits im Kleinkindesalter vermindert ist. Im Verlauf der Kindheit bis zum Erwachsenenalter fällt die Wachstumsgeschwindigkeit immer weiter ab. In der Pubertät verstärkt sich dies noch einmal durch den fehlenden Wachstumsschub. Junge Mädchen/Frauen die keine Wachstumshormontherapie bekommen haben, erreichen eine durchschnittliche Erwachsenenhöhe von etwa 143-147 cm. Daher liegt die mittlere Endgröße bei UTS-Frauen ca. 20 cm unter der von Frauen in der Allgemeinbevölkerung. Wie groß ihr Kind werden wird ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, zum Beispiel auch davon wie groß sie selbst sind.

Deshalb ist es für die Lebensqualität, aber auch für die altersgerechte körperliche Entwicklung von großer Bedeutung rechtzeitig mit einer Wachstumshormontherapie zu beginnen.

Die Behandlung sollte mit 2, spätestens mit vier Jahren beginnen. Der Zugewinn an Körperhöhe kann 5 bis 12 cm betragen.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sie ihr Kind so früh wie möglich darüber aufklären sollten.

Die Kinder, so war es auch bei unserer Tochter, merken durchaus auch selbst das etwas nicht stimmt. Sie sind dann verunsichert und es entstehen Ängste. Auch stellen sie dann auch selbst Fragen. Deshalb ist ein ehrlicher und offener Umgang miteinander sehr wichtig. Man kann ihnen nicht alles abnehmen, aber man kann mit Ehrlichkeit und Vertrauen für sie da sein. 

Die meisten Mädchen mit UTS sind unfruchtbar. Bei der Geburt haben UTS-Mädchen normale Eierstöcke, die sich jedoch nicht weiter entwickeln, sondern zurückbilden. Bei einem 12- Jährigen Mädchen mit UTS findet man keine oder nur noch ganz wenige Eizellen. Somit können diese Eierstöcke keine Sexualhormone bilden. Aus diesem Grund ist eine Schwangerschaft unwahrscheinlich. Nur bei sehr wenigen Mädchen mit UTS ist die Funktion der Eierstöcke ausreichend. All die anderen benötigen für ihre Pubertätsentwicklung eine Östrogenbehandlung, da dieses fehlt. Das heißt die Pubertät wird eingeleitet um das Brustwachstum zu unterstützen, einen normalen weiblichen Zyklus und das Wachstum der inneren Geschlechtsorganen herbeizuführen. Ebenso stärkt diese Therapie das Selbstbewusstsein ihres Kindes und verbessert die Lebensqualität.

Wir haben unsere Tochter im Kindergarten-/Grundschulalter kindgerecht über die Kinderlosigkeit aufgeklärt.

Zu einem haben wir dies so früh thematisiert, da sie eine ältere Schwester hat. Bei dieser kann sie auch die körperliche Entwicklung beobachten und sollte deshalb rechtzeitig wissen, dass es bei ihr anders sein wird. Ein weiterer Grund war, dass wir wollten das sie wichtige Informationen über das Thema Pubertät/Schwangerschaft von uns erhält und nicht in der Schule z.B. beim Sexualkundeunterricht. Wir finden es extrem wichtig das unsere Tochter ihrem Alter entsprechend über ihr Krankheitsbild und seinen Auswirkungen aufgeklärt wird. Es ist sehr wichtig das sie auf all ihre Fragen ehrliche Antworten bekommt. 

Wie wir unsere Tochter aufgeklärt haben, erzähle ich Ihnen gerne in einem persönlichem Gespräch.

 

 

Wenn sie, außer ihr eigenes Kind über die Diagnose informieren, bleibt Ihnen überlassen. Mein Mann und ich haben es zu Beginn nur der Familie und sehr engen Freunden erzählt. Im Kindergarten haben wir es zu Beginn nicht erwähnt, da wir wollten, dass die Erzieherinnen unser Kind mit ihren Stärken und Schwächen kennen lernen. Hier haben wir nur die für den Kindergarten relevante Informationen angegeben wie z.B. den Herzfehler. Als ihre Erzieherinnen sie sehr gut kannten haben wir erwähnt, dass unsere Tochter das Ullrich-Turner-Syndrom hat. Ihre Erzieherinnen kannten dies bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Deshalb waren sie erstaunt und neugierig zu gleich und wollten mehr über UTS erfahren. Sie haben nie einen Unterschied zu anderen Kinder bemerkt, außer das unsere Tochter kleiner war als andere Kinder in ihrem Alter. Ihre Erzieherinnen sind mit der Diagnose UTS sehr offen umgegangen und haben uns auch sehr viel positive Rückmeldung gegeben. Am schönsten war es für uns zu hören, dass sie, wenn wir es ihnen nicht erzählt hätten, nie bemerkt hätten das unsere Tochter „anders“ ist. Mit diesem positiven Feedback aus dem Kindergarten möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben, nicht all zu viel Angst zu haben vor dem was kommen wird! Jedes Kind, dies sehe ich auch an unserer älteren Tochter hat Stärken und Schwächen und ist einzigartig und wunderbar.

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, sie können mich über das Beratungs- und Informationstelefon erreichen.

 

Fragen betroffener Mädchen und Frauen

Als selbst vom Ullrich-Turner-Syndrom betroffene Frau möchte ich anderen Mädchen/ Frauen über das Beratungstelefon unterstützen und so über einige zentrale Fragen einen Überblick geben. Da das Krankheitsbild sehr individuell verläuft und die Therapie den Ärzten*innen obliegt, ersetzt dies nicht die ärztliche Aufklärung und Beratung.

  • Etwa 90 % der betroffenen Mädchen haben keine Pubertätsentwicklung, aufgrund einer primären Ovarialinsuffizienz, d.h. notwendig ist eine der Therapie zur Pubertätsentwicklung zwischen 12.-13. Lebensjahr gemäß der Leitlinien UTS-Therapie mit Östrogenen, die meist durch die pädriatischen Endokrinolgen eingeleitet wird.
  • Es ist wichtig, dass die Therapie der altersgemäßen Entwicklung angepasst wird, aber die psychosoziale Situation mit berücksichtigt wird, trotzdem sind Partnerschaft und Sexualität möglich.
  • Therapiehoheit liegt bei den Ärzten, so ist für uns Betroffene der enge Dialog mit den behandelnden Ärzten*innen ganz wichtig; gerade in Phasen der Therapieumstellungen und zunehmenden Eigenverantwortung entstehen Unsicherheiten, wo ich gerne in einem persönlichen Gespräch, über das Beratungstelefon für Betroffene, unterstütze.
  • die Therapie sollte möglichst an einem ortsnahen, UTS- Zentrum stattfinden und über diese, wenn möglich, auch weitergehende Kontakte zu Fachärzten zu suchen, damit entsprechende Versorgung zusätzlich stattfinden kann. Meist bestehen in den Zentren gute Kontakte unter den Ärzten und man hat die Möglichkeit ggf. auch innerhalb der Zentren/Praxisgemeinschaften unter den Kollegen, in eine weitere benötigte Fachrichtung, zu wechseln.
  • Sie ist entscheidend für die psychosoziale und psychosexuelle Entwicklung von uns Mädchen und Frauen und zur Vorbeugung von Spätfolgen wie Osteoporose ist eine weitere Therapie mit Östrogenen und Gestagenen notwendig.
  • Begleiterkrankungen ( Schilddrüse, Herz-und Nierenerkrankungen, Darmbeteiligung etc.) gehören individuell in fachärztliche Behandlung, damit verbunden sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen in den entsprechenden Fachgebieten.
  • Empfehlenswert ist eine umfassende Diagnostik in der Transitionsphase (Übergang von der pädiatrischen in die erwachsenen ärztlichen Versorgung) und dann anschließende 1 bis 5 Jährige dem Krankheitsverlauf und Risikoprofil angepasste Kontrollintervallen in Absprache mit den jeweiligen Zentren.
  • Die Kontrolluntersuchungen sollten regelmäßig wahrgenommen werden, um Spätfolgen und Risiken zu erkennen und behandeln zu können; es verbessert entscheidend unsere Lebensqualität.
  • Nur bei 2% der betroffenen Frauen ist eine spontane Schwangerschaft möglich.
  • Das Risiko der Komplikationen während der Schwangerschaft ist ebenso deutlich erhöht, auch die Verschlechterung von Begleiterkrangen wird beschrieben.
  • Trotzdem hat jede UTS- Betroffene Frau die Möglichkeit sich mit der Frage über den Kinderwunsch aktiv auseinanderzusetzen, dies sollte jedoch jede Einzelne, in einer entsprechenden gynäkologischen Praxis zur Beratung und Therapie, abklären.
  • Kontakte dazu können sicherlich gut über die UTS-Zentren hergestellt werden.
  • Der Kariotyp bestimmt, ob dies beim UTS erforderlich sein kann.
  • Bei der Mosaikform (45XO/46XY) kann ein Entartungsrisiko vorliegen, es Bedarf dann einer gesonderten ärztlichen Beratung.
  • Wird entscheidend vom Elternhaus geprägt und der grundsätzlichen Einstellung zur Therapie; je positiver diese ist, wird dies von Eltern an die Kinder weiter gegeben.
  • Ebenso wichtig ist die kontinuierliche Therapie, da sie erst die physische und psychische Entwicklung beim UTS ermöglicht.
  • Ansprechpartner im eigenen sozialen Umfeld und über die behandelnden Ärzte*innen sind maßgebend, um uns auf die Eigenständigkeit und den Anforderungen in der Erwachsenenmedizin vorzubereiten.
  • Wir Betroffene spüren sehr deutlich die anders verlaufende körperliche Entwicklung und der Umgang mit der Erkrankung geht mit dem Erwachsenwerden in unsere Verantwortung über.
  • Das Beratungstelefon und Informationstelefon für betroffene Mädchen und Frauen will auch hierbei Unterstützung anbieten und Kontakt zu anderen betroffenen Mädchen und Frauen herstellen; gerne können Sie mich, darüber, für weitere Fragen ansprechen.